Die Filme
Für die Ausstellung «Im Herzen der Berufslehre» realisierte Katharine Dominicé fünf Originalfilme. Anders als die üblichen Darstellungen der Wissensvermittlung im Handwerk begleitete die Regisseurin die Lernenden und ihre jeweiligen Berufsbildner/innen an ihren Arbeitsplätzen: auf dem Postamt, im Krankenhausdienst, beim Versorgungsdienstleister, im Bio-Geschäft und im Friseursalon. Dank den Filmen versteht man, wie berufliches Fachwissen vermittelt wird und wie die zukünftigen Fachleute «aufgebaut» werden.
Ein pädagogisches Dossier zu den Filmen können Sie hier herunterladen.
Lernende an den Schalthebeln
Es ist schon cool, denn wir sind nicht mehr nur Lehrlinge. Sonst hat man immer die Etikette als Lehrlinge, die jung sind und nicht alles machen dürfen, weil sie noch lernen und nicht alles wissen. Hier aber schenkt man uns Vertrauen, wir fühlen uns ernst genommen.
Fiona Zwickert, Lernende
Die Postfiliale in Prilly wird seit 2008 vollumfänglich von 14 lernenden Detailhandelsfachfrauen und Detailhandelsfachmännern betrieben. Sie kümmern sich um das tägliche Geschäft und übernehmen reihum verschiedene wichtige Funktionen: das Marketing, die Hauptkasse oder die Teamleitung. Die Teamleiterin oder der Teamleiter koordiniert die Verwaltung der Filiale, legt die Ziele fest und analysiert die Produktivitäts- und Rentabilitätsergebnisse des Teams, ganz so wie in einer gewöhnlichen Filiale.
Die Kunden werden ausschliesslich von Lernenden im zweiten und dritten Lehrjahr bedient. Zwei Betreuerinnen stehen ihnen den ganzen Tag zur Seite, supervisieren ihre Arbeit und koordinieren den Arbeitsaufwand.
Die Lernenden Chloé Giordano, Fiona Zwickert und Maxime Duvoisin zeigen uns ihren Alltag innerhalb des Teams, und die Ausbildnerin Pascale Dubuis erzählt, wo die Schwierigkeiten bei der Betreuung der Lernenden liegen, während gleichzeitig die Aufgaben des normalen Tagesbetriebs erledigt werden müssen.
Der richtige Abstand
In dieser Phase habe ich mich oft an Cynthia gewandt, weil ich viele Sorgen hatte wegen der Anstrengung, Arbeit, Unterricht und Privatleben zusammenzubringen. Ich habe mit ihr darüber geredet, denn ich wollte ganz offen sein. Ich dachte, es war richtig, ihr zu sagen, dass es bei mir in einer bestimmten Phase nicht lief. Das stimmt, dabei hat sie mir sehr geholfen.
Dany Moreel, apprenti
Das Kinderspital Lausanne ist der Abteilung Frau-Mutter-Kind des Waadtländer Universitätsspitals (CHUV) angegliedert. Hier werden Kinder, Jugendliche und ihre Familien versorgt. In der Abteilung Frau-Mutter-Kind werden jedes Jahr etwa zwanzig Lernende ausgebildet, und im Kinderspital lernen zwei bis vier künftige Fachfrauen und Fachmänner Gesundheit, sich tagtäglich um das körperliche, soziale und psychische Wohl der jungen Patientinnen und Patienten im Spital zu kümmern.
Im Film steigen wir im Morgengrauen in einen Arbeitstag des Lernenden Dany Moreel und seiner Ausbildnerin Cynthia Frueh ein, die alle seine Aufgaben supervisiert. In den Interviews erfährt man, wo die grössten Herausforderungen in der Pflege liegen: in der Beziehung mit den Patienten und ihren Familien.
Deutlich wird auch die Beziehung zwischen Ausbildnerin und Lernendem, als sie ihm in einer schwierigen Phase seiner Ausbildung unter die Arme greift und Tipps gibt.
Berufsbildung ist Teamarbeit
Berufsbildner ist die Person vor Ort: der Kollege, der mit ihm arbeitet. Er begleitet die jungen Menschen täglich, von Arbeitsbeginn bis Arbeitsende.
Michel Bonny, Leiter Berufsbildung
Die Stadtwerke Genf (SIG) versorgen die Einwohner von Genf mit Trinkwasser, Gas und Strom und bereiten die Energiewende vor. Sie kümmern sich auch um die Abwasserreinigung, die Abfallverbrennung und das Glasfasernetz. Netzelektriker sind für den Unterhalt und den Ausbau des Stromnetzes bis zu den Endkunden zuständig. Bei Unterbrüchen haben sie die Stromversorgung schnellstmöglich wiederherzustellen.
Léon befindet sich im dritten Lehrjahr als Netzelektriker. Unter Anleitung ihres Vorgesetzten müssen Léon und sein Kollege Mike, der gerade sein EFZ bei der SIG abgeschlossen hat, ein vom Mast heruntergerissenes Kabel reparieren. Léons praktische Ausbildung wird zum Grossteil von den anwesenden Arbeitern übernommen. Für den theoretischen Teil sind die Bauführer und der Ausbildungsleiter zuständig. Was Léon an seiner Ausbildung besonders schätzt, sind die unterschiedlichen Herangehensweisen, die für diese Berufslehre und diese Art von Arbeit erforderlich sind.
Zuerst die Kunden
Man muss wissen, dass einige Leute speziell sind, und andere sind sympathischer. Man muss sich an die Kunden anpassen, darf nie die Gefühle zeigen, die negativen. Das ist sehr schlecht im Verkauf. Man muss nach aussen immer ruhig bleiben.
Dylan Dias, Lernender
2004 haben sich vier Landwirte aus der Talsohle und von den Hängen des Unterwallis zusammengeschlossen und Biofruits gegründet: ein Landwirtschaftsbetrieb mit Bio-Früchten und Bio-Gemüse. Später kam am Standort in Vétroz ein Laden für den Direktverkauf hinzu. Hier werden jedes Jahr zwei junge Menschen im Detailfachhandel ausgebildet, betreut von einer Ausbildnerin, die für den Laden verantwortlich ist.
Beim Verkauf von Frischwaren vom Hof ist die Beziehung zu den Kunden enorm wichtig. Man muss stets pünktlich, freundlich und flexibel sein, umgänglich und ruhig, und man muss schnell reagieren können. Die beiden Lernenden Kelly Miranda Rodrigues und Dylan Dias versuchen, diese Eigenschaften im Kontakt mit der Kundschaft zu erlernen und schauen sich dabei einiges von ihrem Vorbild, der Ausbildnerin Anne-Catherine Dubosson, ab. Dieser Film handelt von den Herausforderungen bei der Ausbildung zur Detailhandelsfachfrau/ zum Detailhandelsfachmann, aber auch beim Eintritt ins Berufsleben.
Den Beruf erlernen und wachsen
Ich habe gemerkt, dass sich die Ausbildung im Lauf der Jahre verändert hat. Die Erwartungen sind andere, auch wie man motiviert. Wir müssen flexibel sein und können nicht anwenden, was man uns vor 25 Jahren beigebracht hat. Da war die Ausbildung strenger.
Antonietta Palumbo, Coiffeuse und Ausbildnerin
Antonietta Palumbo führt ihren Coiffeursalon seit mehr als 20 Jahren. Meist hat sie zwei Lernende unter ihren Fittichen. Im Salon arbeiten zudem zwei Coiffeusen in Teilzeit. Als Chefin eines Kleinunternehmens führt Antonietta Palumbo ihr Team auf sehr mütterliche Art, denn sie weiss, dass sie ihren Lernenden nicht nur die handwerklichen Griffe vermitteln muss, sondern auch bestimmte soziale Kompetenzen. Andersherum haben die Lernenden ihr im Verlauf der Jahre beigebracht, dass auch sie sich stets weiterentwickeln und an die neuen Generationen anpassen muss.
Am wichtigsten ist für Antonietta Palumbo, dass ihre Lehrlinge Andrada Furdui und Ruben Gomes nach selbstständigem und selbstverantwortlichen Arbeiten streben, aber auch, dass sie sich während der Lehre persönlich entwickeln.
Dank an: Schweizerischer Nationalfonds zur Förderung der Wissenschaftlichen Forschung, Loterie romande, Ville de Genève.